Internetdating - pros und cons

Der Beitrag über die Partnersuche (Psycholgie heute 8/2007) hat mich zum Nachdenken über die Pro und Cons des Internetdatings gebracht. Oft stellt sich ja die Frage, wie und warum funktioniert das Kennenlernen über das Internet und was ist daran anders als sonst.

Zunächst gibt es Aussagen von Internetdatern, die über sich sagen, dass sie ohne das Internet nicht oder nicht mehr versucht hätten, jemanden kennenzulernen. Also ist das Internet so etwas wie eine zweite Chance für sie. Das zähle ich eindeutig zu den Pros. Etwas zwiespältig ist allerdings auch die Tatsache, dass durch Internetbekanntschaften so manche Ehe, langjährige Beziehung etc. in die Brüche gegangen ist. Ob das Internet der Auslöser ist, sich umzusehen (was sonst mangels Gelegenheit nicht geschehen wäre) und durch neue Bekanntschaften Mut zu finden, sich aus einer vielleicht unbefriedigenden Beziehung zu lösen, oder ob sich nicht sowieso eine Trennung ergeben hätte, bleibt natürlich offen.

"Das Internet ermöglicht es uns, viele Beziehungen zur gleichen Zeit zu führen." So die Aussage der Soziolgin Eva Illouz. Virtuelle Beziehungen neben der im realen Leben, möchte ich ergänzen. Wird der Partner aufmerksam auf etwas, was sich vielleicht in der virtuelle Welt anbahnt, lassen sich glaubhaft Beschwichtigungen und Verharmlosungen formulieren und/oder man kann in aller Heimlichkeit die virtuelle Beziehung weiter führen. Selbstverständlich hört man gelegentlich von Eifersüchteleien (gerade auch, wenn die aktelle Beziehung über das Internet zustande kam) und auch von Trennungsängsten. Das Medium ist aber sehr schnell, Beziehungsanbahnung geschieht in Minuten- oder Stundenlänge und kann sehr intensiv werden, weil sich in den durch die technischen Kommunikationsentschränkungen meist geschriebenen und/oder gesprochenen Dialogen schnell auch über Gefühle und Gedanken geäußert wird. Smalltalk wird schnell zu fad und die zunächst vorhandene Annonymität läßt intimere Gedanken zu.

Die Illusion schnell und einfach eine riesige Auswahl an potentiellen Partner (und auch Konkurrenten) zu haben, führt zu extremen Profilierungen: man macht sich interessanter als man eigentlich ist (und manchmal werden diese Übertreibungen auch zum Problem beim ersten Realleben-Date) und man ist auch wählerischer: manche Kontakte werden schnell wieder beendet, manche Kontakte werden gleichzeitig aktiv geführt. So konnte ich Dates beobachten, in denen während des ersten Gespächs bereits via Handy die nächste Verabredung mit einem anderen Partner getroffen wurde.

Manchmal führen Naivität und/oder Gelegenheitsmangel zu Beziehungskonstellationen, die unausgewogen sind: Immer wenn das Internet eine Gelegenheit schafft, die man im realen Leben nie erhofft hätte, wird natürlich der Versuch unternommen, dieses Gelegenheit zu nutzen, egal wie absurd auch bei nüchterner Betrachtung die Beziehung wäre. Illouz beschreibt in diesem Zusammenhang auch die Verletzbarkeit: "Es gibt viele Menschen, die ... sehr verletzt hervorgehen, etwa mit dem Gefühl, nicht gut genug für den 'Markt' zu sein - ein Gefühl, das sie vorher vielleicht gar nicht kannten! Ich beobachte auch zunehmend einen Trend zur Bindungslosigkeit und gebe dem Internet eine Mitschuld daran. Heute ist es total legitim, Partner erst mal auszutesten und dann möglicherweise abzuservieren. Die Auswahl scheint ja riesig. Oft geht es dann nur noch um Sex und das, was man aus einer Beziehung für sich persönlich mitnehmen kann - nicht um emotionales Engagement."