Alles ganz harmlos?
Unter dem Untertitel Wie Musikpiraten ihr Verhalten rechtfertigen findet sich in der Oktoberausgabe 2007 der Psychologie heute ein Beitrag über das 'illegale Tauschen von Musik im Internet'. Tenor des Artikels: Musikpiraten (!) sind sich ihres Unrechts eigentlich bewußt und ihre Rechtfertigungsstrategien sind beeinflussbar. Nun sind 'Recht' und 'Unrecht' ja moralische Begrifflichkeiten, die historisch durchaus variabel sind und auch die psychologische Dimension des 'Unmoralischen' wird in dem Beitrag kaum reflektiert. Ich schweife mal ganz kurz ab: Mittlerweile sind wir ja alle überzeugt, dass die Zigarettenindustrie 'sich rechtfertigen muss' wegen ihrer Gesundheit gefährdenden und Sucht fördernden Produkte. Teilweise stellen wir ja mittlerweile auch fest, dass Höreinschränkungen und durch akustischen Stress hervorgerufene Krankheiten durch Produkte der Musik- und Unterhaltungselektronikindustrie verursacht werden - ich zähle mal alles, was Geräusche entwickelt auch noch dazu *grins*. Und vielleicht ändert sich in ein paar Jahren auch hier unser moralischer Standpunkt zum dem, was Industrien so antreibt und auch zu dem, was die 'Musikpiraten' so motiviert. Man denke einfach einmal an Abspielsysteme mit einer Kapaziät von mehreren Tausend Musikfiles - über welche Mittel müsste man verfügen, diese Kapazitäten auch nur annährend zu nutzen... Darüber hinaus wird man durch GEMA-Aufschläge auf spezielle Produkte zur Kasse gebeten, auch wenn das Produkt gar nicht für solche Zwecke angeschafft wird. Will sagen, es ist alles nicht immer so ganz einfach. Und an manchen Stellen sieht man auch schon Veränderungen.
Aber zurück zu dem Beitrag. Zitiert wird aus einer Untersuchung eines Diplomanden (!) einer deutschen Hochschule. Schon etwas befremdlich diese Quelle. Noch befremdlicher ist die Tatsache, dass alle Beiträge der Psychologie heute in der Rubrik 'Themen & Trends' von einen Autor gezeichnet sind, nur dieser Beitrag nicht. Auch steht über dem Beitrag kein Hinweis, dass es sich um eine bezahlte Anzeige handelt, obwohl der Beitrag eine 'moralische' Stellung der Art bezieht, dass man schon auf den Gedanken kommen könnte, dass es sich um einen gezielt lancierten Beitrag handeln könnte.
Wird nun die Psychologie heute zu einem unterschwelligen Sprachrohr für eine bestimmte Industriemeinung? Da würde ich mich dann doch eher über eine sachlich fundierte und offene Positionierung freuen. Ich denke, dass wäre auch höchst 'anständig'.
P.S.: Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Es gibt Möglichkeiten an 'seine' Musikstücke heranzukommen, ohne dabei gesetzliche oder andere Regelungen zu verletzen, zum Beispiel kann man Rundfunkausstrahlungen mitschneiden (auch digitale). Auch sind Kopien von nicht-kopiergeschützten Quellen möglich und legitim, wenn der Urheber dies zulässt. Und im Internet gibt es Angebote, die frei und ohne Rechtsverletzungen herunterzuladen sind.
P.P.S.: In der Psychologie heute gibt es fast immer interessante und aufklärerische Beiträge. So findet sich in der oben zitierten Ausgabe auch ein Beitrag zu Tabuisierung von Krankheiten, den ich als sehr lesenswert erachte.
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